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Pflege im häuslichen Bereich
Die Lebenserwartung steigt hierzulande ständig und somit auch die damit in Verbindung stehenden Aufwendungen, die regelmäßig im Alter anfallen. Einerseits ist es erfreulich, wenn der Lebensabend länger genossen werden kann. Andererseits benötigen leider viele Menschen im Alter Betreuung und Pflege, wodurch hohe Kosten entstehen.
Entstehen Ihnen Aufwendungen für die eigene Pflege im häuslichen Bereich, z. B. durch einen Pflegedienst oder einer Pflegekraft, können Sie diese Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen und/oder als Steuerermäßigung nach § 35a EStG als haushaltsnahe Dienstleistung bei der Steuererklärung berücksichtigen. Voraussetzung ist, dass eine Pflegebedürftigkeit vorliegt.
Was ist Pflegebedürftigkeit?
Sie können in Ihrer Steuererklärung Pflegekosten berücksichtigen, sobald bei Ihnen eine Pflegebedürftigkeit vorliegt. Diese liegt vor, wenn mind. ein Pflegegrad 1 festgestellt wurde.
Davon abgesehen, können Pflegekosten auch ohne Nachweis einer Pflegebedürftigkeit als außergewöhnliche Belastung angesetzt werden, wenn diese Kosten von einem anerkannten Pflegedienst nach § 89 SGB XI gesondert in Rechnung gestellt werden. Dabei handelt es sich beispielsweise um einen Träger des ambulanten Pflegedienstes, Pflegekassen, Sozialhilfeträger, Arbeitsgemeinschaften. In diesen Fällen stellen die Aufwendungen also stets außergewöhnliche Belastungen dar, obwohl keine Pflegebedürftigkeit vorliegt.
Abziehbare Aufwendungen sind bspw. Kosten für die ambulante Pflegekraft, die Kurzzeitpflege, Hauspfleger:in oder Arztbehandlungskosten. Vergessen Sie aber nicht die Lohnnebenkosten, wie Fahrtkostenzuschüsse oder übernommene pauschale Lohn- oder Kirchensteuern. All diese Kosten zählen zu Ihren eigenen Pflegeaufwendungen, die Sie als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigen können.
Heimunterbringung
Entstehen Ihnen Aufwendungen für die eigene pflegebedingte Heimunterbringung, können Sie diese Kosten ebenfalls als außergewöhnliche Belastungen in der Steuererklärung berücksichtigen, denn diese Kosten stellen nach der Rechtsprechung etwas „Außergewöhnliches“ dar. Bei einer pflegebedingten Heimunterbringung ist ebenfalls Voraussetzung, dass eine Pflegebedürftigkeit vorliegt, also mindestens Pflegegrad 1.
Als Heimunterbringungskosten können die angefallenen und die vom Heim und Pflegediensten in Rechnung gestellten Aufwendungen berücksichtigt werden. Dies sind bspw. Kosten für die Unterkunft, Pflege, Betreuung, Verpflegung, Pauschaltentgelt, Fahrtkosten Pflegesätze etc.
Verwehrt Ihnen das Finanzamt den Ansatz der Verpflegungs- und Unterkunftskosten, da nur ein Ansatz der Pflege und Betreuungskosten möglich ist, sollten Sie sich dagegen wehren. Es sind nämlich alle Kosten in Zusammenhang mit dem Heimaufenthalt abziehbar (bspw.: BFH, Urteil vom 30.6.2011 – VI R 14/10).
Die Kosten für eine altersbedingte Heimunterbringung können Sie nicht in der Steuererklärung berücksichtigen, denn die altersbedingte Heimunterbringung ist laut der Rechtsprechung nichts „Außergewöhnliches“. Es gibt aber auch hier einige Ausnahmen zu beachten. Ein Abzug ist nicht von vornherein ausgeschlossen. Weitere Infos dazu finden Sie in unserem Blogbeitrag „Kann ich Kosten für die Unterbringung im Altersheim von der Steuer absetzen?“
Kürzung der Pflegeaufwendungen
Leider können wiederum nicht alle Kosten in der Steuererklärung berücksichtigt werden, denn teilweise erhalten Sie als Pflegebedürftige:r Ersatzleistungen von Versicherungen oder die Kosten werden direkt von den Versicherungen beglichen. In der Steuererklärung können Sie nur die Kosten ansetzen, die Sie auch tatsächlich getragen haben.
Daher kürzen diese Leistungen die abziehbaren außergewöhnlichen Belastungen bzw. Aufwendungen:
- Pflegegeld (§ 37 SGB XI) der gesetzl./privaten Pflegeversicherung
- Pflegesachleistungen (§ 36 SGB XI) sofern nicht direkt mit Pflegedienst abgerechnet
- Kostenersatz (§ 45b SGB XI) für zusätzliche Betreuungsleistungen
- Pflegetagegeld der privaten Pflegetagegeldversicherung
- Leistungen (§ 17 SGB IX) im Rahmen des persönlichen Budgets bei Behinderung
- Leistungen der privaten Pflegerentenversicherung
Das Pflegegeld und das Pflegetagegeld der privaten Pflegetagegeldversicherung kürzen die gesamten Pflegekosten im Rahmen der Steuerermäßigung nach § 35a EStG nicht. Merken Sie sich auch, dass bei der außergewöhnlichen Belastung eine zumutbare Belastung berücksichtigt wird. Diese zumutbare Belastung können Sie auch zusätzlich als Steuerermäßigung geltend machen. Achten Sie unbedingt darauf, dass vorstehend genannte Leistungen nur die außergewöhnlichen Belastungen kürzen. Eine Ausnahme gibt es nämlich bei der Steuerermäßigung nach § 35a EStG.
Zur Veranschaulichung ein Beispiel:
Max hat Pflegegrad 3 und nimmt einen ambulanten Pflegedienst in Anspruch. Die jährlichen Aufwendungen belaufen sich auf insgesamt 15.000 Euro. Von der Pflegeversicherung erhält er ein Pflegegeld von 5.000 Euro. Max hat relativ geringe Einkünfte, weshalb seine zumutbare Belastung bei 2.000 Euro liegt.
Bei den außergewöhnlichen Belastungen ist das Pflegegeld von 5.000 Euro anzurechnen. Insgesamt können daher als außergewöhnliche Belastungen 10.000 Euro berücksichtigt werden (15.000 Euro minus Pflegegeld 5.000 Euro). Davon muss noch die zumutbare Belastung von 2.000 Euro abgezogen werden. Max kann daher als außergewöhnliche Belastung insgesamt 8.000 Euro geltend machen.
Als Steuerermäßigung nach § 35a EStG kann Max zusätzlich die Höhe der zumutbaren Belastung und des Pflegegelds berücksichtigen. Dies sind insgesamt 7.000 Euro (zumutbare Belastung 2.000 Euro plus Pflegegeld 5.000 Euro). Da es sich um haushaltsnahe Dienstleistungen handelt, kann er davon 20 % direkt von der Steuer abziehen, also 1.400 Euro (20 % x 7.000 € = 1.400 €).
Kürzung der Heimkosten durch Haushaltsersparnis
Bei der Heimunterbringung ist zusätzlich zu beachten, dass eine Haushaltsersparnis anzurechnen ist, wenn Sie Ihren früheren Haushalt aufgelöst haben. Haben Sie also ihren Haushalt beibehalten oder sind nur kurzfristig im Heim untergebracht oder Ihr:e Ehegatte:in bewohnt weiterhin Ihre Wohnung, muss keine Haushaltsersparnis angerechnet werden.
Sind Sie und Ihr:e Ehegatte:in im Heim untergebracht, ist für Sie beide eine Haushaltsersparnis anzusetzen und die entstehenden Heimkosten werden um die Haushaltsersparnis reduziert.
Die Höhe der Haushaltsersparnis richtet sich nach dem Unterhaltshöchstbetrag, dieser beträgt im Jahr 2021 bspw. 9.744 Euro. Liegen die Voraussetzungen nur teilweise während des Kalenderjahres vor, ist die Haushaltsersparnis mit 1/360 pro Tag oder 1/12 pro Monat anzusetzen.
Konkurrenzverhältnis: Behinderten-Pauschbetrag
Haben Sie einen Grad der Behinderung und können einen geltend machen, schließt dies aber leider wiederum den Abzug der tatsächlichen Kosten aus. Denn der Behinderten-Pauschbetrag hat eine abgeltende Wirkung für alle typische und laufenden Aufwendungen eines Menschen mit Behinderung. Dies sind bspw. die Kosten für die häusliche Pflege oder die Heimunterbringung.
Neben dem Behinderten-Pauschbetrag können Sie aber auch weiterhin sogenannte atypische Kosten berücksichtigen. Darunter fallen nicht laufende und untypische Mehraufwendungen, wie bspw. Kurkosten oder Arztkosten. Zudem kennt das Steuerrecht auch sogenannte mittelbare Aufwendungen, die zwar laufend anfallen, aber nichtsdestotrotz neben dem Behinderten-Pauschbetrag berücksichtigt werden können. Dies sind bspw. Fahrtkosten oder Kosten für einen behindertengerechten Umbau.
Informieren Sie sich hier im Detail über den Behinderten-Pauschbetrag: „Erhöhter Behinderten-Pauschbetrag seit 2021 – Profitieren Sie jetzt!“
FAQs zu den eigenen Pflegekosten