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Pendlerpauschale für schwerbehinderte Arbeitnehmer:innen
Jede:r Arbeitnehmer:in darf für die Fahrten zur Arbeit die sogenannte Pendlerpauschale gem. § 9 EStG ansetzen. Sie wurde für das Jahr 2021 erhöht, um die erhöhten Spritpreise abzufedern. Waren es bislang durchweg 0,30 Euro je Entfernungskilometer, so werden für das Jahr 2021 ab dem 21. Kilometer 0,35 Euro als Werbungskosten angesetzt und ab 2022 sogar 0,38 Euro.
Eine Sonderregelung gib es für schwerbehinderte Arbeitnehmer:innen, wenn einer der beiden Sachverhalte vorliegt:
- mindestens einen Grad der Behinderung von 50 + Zusatzkennzeichen G für Gehbehinderung
- mindestens einen Grad der Behinderung von 70 (dann auch ohne Zusatzkennzeichen)
Wenn Sie zu diesem Personenkreis zählen, gilt für Sie ein Wahlrecht nach §9 (2) EStG. Anstellte der Pendlerpauschale können Sie auch die tatsächlich entstandenen Kosten nach Reisekostengrundsätzen abrechnen.
Tipp: Stellen Sie die Ergebnisse beider Varianten gegenüber und treffen Sie dann Ihre Entscheidung.
Was soll ich wählen: Reisekosten oder Pendlerpauschale?
In der Regel dürfte die Abrechnung der tatsächlich entstandenen Aufwendungen als Reisekosten vorteilhafter sein und doch gilt es im Einzelfall genau zu rechnen. Als Steuerpflichtige:r haben Sie das Wahlrecht und können sich alljährlich neu entscheiden.
Bei der Pendlerpauschale wird stets nur die einfache Entfernung zugrunde gelegt, also die kürzeste Fahrstrecke zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte. Das entspricht genau einer Fahrt pro Arbeitstag – somit nicht der tatsächlich gefahrenen Strecke von Hin- und Rückweg. Auch wenn Sie z. B. wegen Teildiensten oder Rufbereitschaften mehrmals täglich zu Ihrem Arbeitsplatz fahren, dürfen Sie die Strecke nur einfach angeben.
Vorteil: Diese Pauschale steht Ihnen auch dann zu, wenn Sie sich beispielsweise von Ihrem:r Nachbarn:in mitnehmen lassen und Ihnen somit überhaupt gar keine Kosten entstehen. Allerdings wird die Pauschale dann gedeckelt auf 4.500 Euro pro Jahr.
Weitere Informationen dazu finden Sie hier: „Pendlerpauschale bei Fahrgemeinschaften – so können Sie Fahrtkosten steuerlich absetzen“
Bei der Berechnung der tatsächlichen Kosten nach Reisekostengrundsätzen darf jeder gefahrene Kilometer mit 0,30 Euro angesetzt werden. Also sowohl der Hin- als auch der Rückweg. Sogar Leerfahrten werden berücksichtigt, beispielsweise wenn Sie zur Arbeit gebracht und auch wieder abgeholt werden.
Achtung: In diesem Fall gelten stets nur die besagten 0,30 Euro. Es gibt keine Erhöhung auf 0,38 Euro ab dem 21. Kilometer, denn das ist im Reisekostengesetz nicht vorgesehen.
Weitere nachgewiesene Kosten wie z.B. Parkgebühren können noch zusätzlich angesetzt werden.
Beispielsberechnung als Entscheidungshilfe
Rudi Rastlos ist schwerbehindert (80G) und fährt in 2022 mit seinem eigenen PKW arbeitstäglich an 200 Tagen zu seiner 25 km entfernten Arbeitsstelle. Zusätzliche Kosten entstehen im nicht.
- Pendlerpauschale: 200 Tage x 20 km x 0,30€ + 200 Tage x 5 km x 0,38€ = 1.200 € + 380€ = 1.580€
- Reisekosten: 200 Tage x 25 km x 2 Fahrten x 0,30€ = 3.000€
Die tatsächlichen Kosten sind mit 3.000 Euro deutlich höher als die Pendlerpauschale mit 1.580 Euro.
Nun überlegt Rudi, ob er ab 2023 das Angebot des Kollegen Fred Fleißig annimmt, dieser wohnt nur 5 km von ihm entfernt. Dort müsste täglich er hinfahren und könnte dann die restliche Wegstrecke mit Fred gemeinsam zur Arbeit fahren. Eine Bezahlung würde Fred nicht annehmen – er ist froh über die Gesellschaft von Rudi.
In diesem Fall entstehen Rudi nur noch Kosten für die Fahrt zu Fred:
- Reisekosten: 200 Tage x 5 km x 2 Fahrten x 0,30€ = 600€.
Die Entfernungspauschale wäre mit 1.580 Euro aus steuerlicher Sicht also deutlich günstiger. Gut beraten wäre Rudi Rastlos nun, wenn er sich für die Entfernungspauschale entscheidet.
Pauschalen für Privatfahrten bei Behinderung
Unabhängig von den Fahrten zur Arbeit haben schwerbehinderte Menschen in der Regel auch eine Vielzahl von privaten Fahrten, sei es zum Besuch von Kultur- und Freizeitveranstaltungen, zum Einkaufen, zu Behörden oder auch Urlaubsfahrten. So wie bei jedem:r anderen Steuerpflichtigen gehören diese Privatfahrten zu den Kosten der privaten Lebensführung.
Allerdings gibt es auch die sogenannten Privatfahrten bei Behinderung. Wer eine Schwerbehinderung von mindestens GdB 70 G oder GdB 80 (ohne Zusatzkennzeichen) nachweisen kann, darf private Fahrten im angemessenen Rahmen als außergewöhnliche Belastung ansetzen.
Angemessen sind 3.000 km pro Jahr à 0,30 Euro. Das entspricht 900 Euro, die in der jährlichen Steuererklärung angesetzt werden dürfen. Für Schwerstbehinderte gilt eine Pauschale von jährlich 4.500 Euro (15.000 km x 0,30 Euro).
Unabhängig vom Grad der Behinderung besteht dieser Anspruch, wenn eines dieser Kennzeichen nachgewiesen wird:
- aG (außergewöhnliche Gehbehinderung)
- Bl (Blindheit)
- TBl (Taubblindheit)
- H (Hilflosigkeit)
- oder Pflegegrad 4 oder 5
Steuerrechtlich stellen die Kosten außergewöhnliche Belastungen dar. Seit 2021 ist neu, dass die Fahrten als Pauschalen ausgezahlt werden und nicht mehr durch Einzelaufstellungen nachgewiesen werden müssen. Wie auch der Behinderten-Pauschbetrag können diese Pauschalen auf andere Personen übertragen werden, z. B. von Kindern auf deren Eltern.
Erfahren Sie hier mehr zum Behinderten-Pauschbetrag: „Kann man seinen Behinderten-Pauschbetrag verschenken?“
Ein Wermutstropfen jedoch bleibt: die sogenannte zumutbare Eigenbelastung wird zunächst abgezogen.
Zusatz: Krankheitsbedingte Fahrten
Der Gesetzgeber hat ausdrücklich geregelt, dass mit diesen seit 2021 geltenden neuen Pauschalen alle behinderungsbedingten Fahrten abgegolten sind. Das betrifft jedoch eben nur die behinderungsbedingten Fahrten.
Denken Sie nun daran, dass beispielsweise der Besuch beim Zahnarzt in der Regel unabhängig von der Behinderung ist. Nach wie vor können Sie solche krankheitsbedingten Fahrten, die nichts mit der Behinderung zu tun haben, auflisten und als weitere außergewöhnliche Belastungen in der Steuer eintragen.
Übrigens: Auch diese Fahrten werden nach Reisekostengrundsätzen mit 0,30 Euro pro gefahrenen Kilometer angesetzt. Höhere Kosten als 0,30 Euro je Kilometer gibt es leider nicht.
Weitere Steuertipps für Steuerpflichtige mit Behinderung
Behindertengerechter Umbau Ihres Fahrzeuges
Sollte es notwendig sein, dass Ihr Fahrzeug behindertengerecht umgebaut wird, so sind diese Kosten zusätzliche außergewöhnliche Belastungen und können ebenfalls von der Steuer abgesetzt werden. Voraussetzung ist, dass Sie auf die Benutzung des PKWs angewiesen sind. Die entstandenen Kosten werden dann über die Restnutzungsdauer des PKWs verteilt.
Urlaubsreise mit Reisebegleitung
Sollten Sie für Ihre Urlaubsreise eine fremde Reisebegleitung benötigen, so sind jährlich bis zu 767 Euro der nachgewiesenen zusätzlichen Kosten für maximal eine Reise im Jahr als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig. Die Begleitung durch den oder die Ehepartner:in zählt leider nicht dazu.
Führerscheinkosten
Wenn Sie dem Finanzamt nachweisen können, dass Sie aufgrund Ihrer Behinderung auf die Benutzung des Autos angewiesen sind, sind auch die Kosten für den Führerschein als außergewöhnliche Belastungen ansetzbar. Tragen Sie als Eltern die Kosten für Ihre Kinder, können Sie auch Ihre tatsächlich entstandenen Kosten entsprechend absetzen.
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