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Warum gibt es 2024 zwei Gesetze hintereinander?
Im Juni 2024 wurde bereits der erste Gesetzesentwurf veröffentlicht, worauf der zweite nun im Juli mit dem Steuerfortentwicklungsgesetz folgte. Grund dafür ist, dass durch das erste Jahressteuergesetz 2024 nicht alle notwendigen oder gewünschten Änderungen abgedeckt wurden.
Inhaltliche Unterschiede:
Nachfolgend werden die Steueränderungen beider Gesetzesentwürfe nach unterschiedlichen Zielgruppen sortiert erläutert.
Steueränderungen für alle Steuerzahler:innen
Grundfreibetrag, Steuertarif und Soli
Um die Einkommensteuerbelastung der deutschen Steuerzahler:innen zu reduzieren, wird der Grundfreibetrag künftig deutlich erhöht:
- Rückwirkend ab 2024: 11.784 Euro (+ 180 Euro) für Singles
- Ab 2025: 12.084 Euro (+ 300 Euro) für Singles
- Ab 2026: 12.336 Euro (+252 Euro) für Singles
Außerdem werden die Schwellenwerte des Steuertarifs um 2,5 % nach rechts verschoben, wodurch der Spitzensteuersatz von 42 % erst ab einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 68.430 Euro (2025) bzw. ab einem zu versteuernden Einkommen von 69.799 Euro (2026) greift.
Auch die Freigrenzen des Solidaritätszuschlags sollen angepasst werden.
Pauschalbesteuerung von Mobilitätsbudgets
Für bestimmte Sachbezüge kann der Arbeitgeber bereits die Lohnsteuer für die Angestellten übernehmen und mit einem Pauschsteuersatz von 25 % besteuern. Mit der Einführung eines sogenannten „Mobilitätsbudgets“ haben Arbeitgeber zukünftig die Möglichkeit, pauschal eine Lohnsteuer von 25 % für Sachbezüge oder Zuschüsse für moderne Fortbewegungsmöglichkeiten zur Nutzung im außerdienstlichen Bereich zu erheben.
Voraussetzung ist, dass
- das Mobilitätsbudget zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt wird.
- es sich um eine außerdienstliche Mobilitätsnutzung handelt.
- der Höchstbetrag von 2.400 Euro eingehalten wird.
- es sich um eine kurzfristige, gelegentliche und bedarfsgerechte Bereitstellung von Mobilitätsformen handelt und nicht um dauerhafte und nicht nur gelegentliche Nutzung von Kraftfahrzeugen handelt.
Begünstigt ist daher die Nutzung an sich, wie für E-Scooter, gelegentliche Inanspruchnahme von Car-Sharing, Bike-Sharing und sonstige Sharing-Angebote oder Fahrtdienstleistungen. Auch begünstigt sind Sachbezüge, wie zweckgebundene Gutscheine oder Gutscheinkarten oder -Codes oder Zuschüsse, wie Geldleistungen als nachträgliche Kostenerstattung.
Nicht begünstigt ist die dagegen die Erstattung reiner Einzelkosten wie für Treibstoffkosten in Form von Tankkarten oder Reparaturleistungen oder auf Dauer angelegte Leasing-, Mietwagen oder Abo-Modelle sowie die Übernahme von Kosten für dem Arbeitnehmer selbst gehörenden Fahrzeugen.
Sonderausgabenabzug von Vorsorgeaufwendungen
Bonusleistungen der Versicherung bis zur Höhe von 150 Euro pro Person und Beitragsjahr zählen aufgrund einer Vereinfachungsregelung, die bis zum 31.12.2024 gilt, nicht als Beitragserstattung. Ab dem 01.01.2025 wird dies im Gesetz verankert und ist nicht mehr zeitlich beschränkt.
Achtung: Bonusleistungen über 150 € gelten als Beitragserstattungen, es sei denn, es kann nachgewiesen werden, dass die Leistungen nicht als Beitragserstattung zu qualifizieren sind.
Änderung des Biersteuergesetzes
Die steuerbefreite Menge an Bier wurde für Hobby-Bierbrauer:innen von 2 hl auf 5 hl erhöht. Außerdem wird die bisherige Anzeigepflicht von Brauvorgängen zukünftig entfallen, wodurch der Verwaltungsaufwand reduziert werden soll.
Steueränderungen für Ehepaare und Familien
Anhebung von Kinderfreibetrag und Kindergeld
Der Kinderfreibetrag wird folgendermaßen angepasst:
- Rückwirkend ab 2024: 6.612 Euro (+ 228 Euro)
- Ab 2025: 6.672 Euro (+ 60 Euro)
- Ab 2026: 6.828 Euro (+ 156 Euro)
Ab Januar 2025 soll auch das monatliche Kindergeld von 250 auf 255 Euro erhöht werden.
Mehr zum Kindergeld und Kinderfreibetrag finden Sie hier: „Kinderfreibetrag, Kindergeld und was für Eltern steuerlich absetzbar ist“
Abschaffung der Steuerklassen III und V ab 2030
Bereits in den vergangenen Jahren wurde häufig darüber diskutiert, dass die Steuerklassen III und V abgeschafft werden sollen und welche Auswirkungen damit verbunden sind. Ab 2030 soll dies nun tatsächlich umgesetzt werden.
Geplant ist, die Steuerklassen III und V ins Faktorverfahren zu überführen und den Faktor zum 01.10.2029 zu bilden, der auf der Lohnsteuerbescheinigung für das Jahr 2028 basiert. Die Bildung der jeweiligen Faktoren wird in den Folgejahren automatisiert, das heißt, dadurch fällt die jährliche Beantragung für alle Eheleute weg.
Ziel dieser Maßnahme ist es die Steuerbelastung fairer zwischen den Ehepartnern:innen zu verteilen.
Lesen Sie hier, welche Auswirkungen die Maßnahme auf Sie hat: „Faktorverfahren – Alternative zu den Steuerklassen III und V?“
Entlastungsbetrag für Alleinerziehende
Leben Sie als Alleinerziehende:r dauerhaft getrennt vom anderen Elternteil Ihres Kindes, können Sie den anteiligen Entlastungsbetrag bereits ab dem Monat der Trennung in der Steuererklärung geltend machen.
NEU: Nunmehr kann im Lohnsteuerabzugsverfahren ab dem Monat der Trennung der Entlastungsbetrag als Freibetrag berücksichtigt werden.
In Folgejahren kann der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende ausschließlich über die Steuerklasse II berücksichtigt werden.
Vorausgesetzt wird natürlich, dass Sie alle notwendigen Kriterien erfüllen. Diese können Sie hier nachlesen: „Entlastungsbetrag für Alleinerziehende – alle wichtigen Infos im Überblick“
Elektronischer Kindergeld-Antrag
Die elektronische Antragsstellung auf Kindergeld ist bereits seit 2021 möglich, nun wird diese Verfahrensweise allerdings zum Regelfall ernannt.
Anträge in Papierform sollen aber weiterhin nach wie vor zulässig bleiben.
Steueränderungen für Immobilieneigentümer:innen
Einnahmen und Entnahmen bei Photovoltaik-Anlagen
Die zulässige Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister für die Anwendung der Steuerfreigrenze wird von 15 kW (peak) auf 30 kW(peak) je Wohn- oder Gewerbeeinheit erhöht.
Diese Neuregelung gilt für alle PV-Anlagen, die erstmals nach dem 31.12.2024 angeschafft, in Betrieb genommen oder erweitert werden.
Steueränderungen für Bürokratieabbau und Digitalisierung
Antrag auf Lohnsteuer-Ermäßigung
Der Freibetrag im Lohnsteuerabzugsverfahren konnte bisher ab dem 1. Oktober beantragt werden, der für das Folgejahr gilt. Das bisherige Verfahren war auf die Papierlohnsteuerkarte ausgerichtet, welche Ende September versandt wurden.
Der Starttermin soll nunmehr auf den 1. November verschoben werden, um einen qualitätsgesicherten Ablauf zu gewährleisten.
Weitere Änderungen
Des Weiteren wurden mehrere Änderungen beschlossen, die dem Bürokratieabbau und der Förderung der Digitalisierung dienen. Einige Beispiele hierfür sind:
- Umsatzsteuerbefreiung für Bildungsleistungen für allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtungen
- Elektronische Übermittlung bei zu geringem Lohnsteuer-Einbehalt seitens des Arbeitgebers als neuer Standard.
- Kleinunternehmerregelung wird auf im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer ausgeweitet
- Wohngemeinnützigkeit für die gemeinnützige Überlassung von vergünstigtem Wohnraum wird gesetzlich festgeschrieben
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